
Volker Weidermann und der "Mann vom Meer"
Wien [ENA] Der deutsche Schriftsteller und Feuilleton-Leiter der ZEIT, hat fast verwegen über die Ikone der deutschen Literatur Thomas Mann, die literarisch verbrämte, schwärmerische Biografie "Mann vom Meer - Thomas Mann und die Liebe seines Lebens" geschrieben und hat sich dabei die Freiheit genommen einen der bedeutsamsten Erzähler des 20.Jahrhunderts in seinen eigenen literarischen Kosmos einzubauen.
Das gelingt nicht immer, gibt aber dem ereignisreichen und zutiefst politisch relevanten Leben des Dichters Thomas Mann einen ganz besonderen Flair und lässt es "umspült vom Meeresrauschen" eine ganz andere Dimension erfahren. Fast magisch nähert sich die Größe der Naturgewalt der Weltmeere dem Dichter, der im Zauber des Wassers angeblich schon immer seinen Sehnsuchtsort und Ort der Inspiration gefühlt hat. Die Sprache Weidermanns verweilt oft in Schwärmerei oder Idylle, wenn er z.B gleich am Anfang vom brasilianischen Paradies am Meer mit Palmen und exotischen Tieren träumt, auf dem die Mutter Julia Bruhns, als Tochter reicher Plantagenbesitzer, aufgewachsen ist. Das irritiert irgendwie und unterscheidet sich so grundsätzlich von Mann.
Denn für seine skeptisch-ironische Distanz und seine syntaktisch anspruchsvolle Sprache sind Naturbetrachtungen, wie für jeden Dichter, unerlässliche Stimmungsbilder. Aber Weidermanns Geschichte will ja den verführerischen Zauber des Meeres mit der Flucht Manns vor den tödlichen Gefahren totalitärer Ideen gleichsetzen. So tauchen in seinem Buch immer wieder maritime Bezüge auf, wie die Kapitel "Der Urstrand - Das Meer.Das Glück - Travemünde. Paradies oder Das Mädchen vom Strand". Akribisch spürt der Autor Belege in Manns Werken auf, die die Wesensgleichheit zum Ausdruck bringen. So ist in der Novelle "Tod in Venedig" das Meer auch ein Sinnbild für die verbotene Leidenschaft der Homoerotik, meint der Literaturkritiker Manfred Orlick.