Leidenschaftliche Suche nach Identität auf der Osterinsel
Wien [ENA] Auf einer Inschrift im Apollon Tempel in Delphi findet sich auch der mysteriöse Spruch "Erkenne, was du bist", der in der Philosophiegeschichte oft interpretiert wurde. Gewissermaßen kann man aber sagen, dass die leidenschaftliche Suche nach Identität in Kunst, Schrift oder Wissenschaft, immer auch der Versuch war, das eigene Ich zu verstehen, dass sich irgendwo zwischen Tier und Gottheit verloren hatte.
Dafür eignet sich vielleicht auch die Geschichte jener Inseln zu studieren, die im Rahmen der Polynesischen Völkerwanderung besiedelt wurden. Die Osterinsel zeigt gerade wegen ihrer kulturell interessanten Entwicklung in totaler Abgeschiedenheit, das leidenschaftliche Suchen nach Kultur als großes Theater der Selbstfindung in einer ganz besonderen Form. Im 11.Jh setzte dort eine enorm intensive Bautätigkeit ein und die Rapanui errichteten entlang der Küste aufwendige Zeremonialplattformen und über tausend große Steinfiguren. Angeblich waren es die Ahnen, die man damit huldigte, aber vielmehr erweist sich die Sonderstellung des Menschen immer wieder als unüberwindbares Hindernis das tiefe Leiden an der Abspaltung von der Natur zu erkennen.
Nach dem Ende dieser grandiosen Schaffensperiode kam es zu radikalen gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in neuen Kultformen ausdrückten, die erneut Antworten auf die Identitätsfrage suchten. Eine kriegerische und gewalttätige Kaste führte den "Vogelmannkult" ein in einer Zeit als durch radikale Entwaldung und zunehmende Bodenerosion die Aufgabe von Siedlungen notwendig wurde. Eine fast tollwütige Zerstörungsorgie der herrlichen Kulturplattformen und imposanten Statuen und ein allgemeiner Verfall eines funktionsfähigen Gesellschftslebens setzte ein. Der Einfluss der Europäer ab dem 18. Jh brachte Krankheiten, Menschenhandel und Missionierung, eine totale Umformung der kleinen Insel und eine ganz neue, verzweifelte Identitätssuche.