
Günther Anders und die "Antiquiertheit des Menschen"
Wien [ENA] Die "apokalyptische" Literatur ist mit Günther Anders Buch "Die Antiquiertheit des Menschen" sicherlich um eine interessante philosophische Position bereichert worden, die besonders in den 70er Jahren den akademischen Diskurs prägte. Ausgehend von einer Technologiekritik machte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, inmitten einer aufstrebenden und blühenden Konsumgesellschaft, eine Weltuntergangsstimmung breit.
Scharfsinnige Philosoph*innen und Kulturwissenschaftler ließen sich nicht vom schönen Schein der glänzenden Medienkultur oder dem technischen Fortschrittsglauben blenden, sondern erdachten eine Zivilisationskritik, die sich mit der Frage beschäftigte, welche Auswirkungen die Interaktion Mensch - Maschine hat. Sicherlich war die Katastrophe der beiden Weltkriege und insbesondere die Shoa und das persönliche traumatische Erlebnis Günther Anders von Flucht und Emigration dafür verantwortlich, darüber nachzudenken wo die Gefahren der Entmenschlichung liegen. Dabei ist der Philosoph tief in die seelischen Urgründe getaucht um zu zeigen, dass der Mensch bis in sein innerstes Wesen an eine unmenschliche Zivilisation angepasst ist.
Dabei geht Günther Anders von der Annahme einer "Prometheischen Scham" aus, die sich in der seelischen und körperlichen Anpassung an Maschinen entwickelt hat. "Unsere Seelen sind weit hinter dem Metamorphose-Stand unserer Produkte, also unserer Welt, zurückgeblieben" schreibt Anders. Daraus resultiert für ihn die Prometheische Scham, als "Scham vor der beschämend hohen Qualität der selbstgemachten Dinge", die dazu führt, dass der Mensch das Gemachte dem Macher vorzieht. Damit muss er sich mit seiner Inferiorität und Zurückgebliebenheit und der "Sturheit seines Leibes" immer wieder beschämend abfinden. Aus diesem "Gefälle" resultiert der Wunsch selbst wie eine Maschine zu sein - das ist eben der Beginn der Antiquiertheit des Menschen.