
Gedanken zu Gustave Flaubert
Wien [ENA] Mit Gustave Flaubert ist ein ganz anderer Ton in die französische Literatur eingeläutet worden, der den Alltag, das angeblich Banale, als durchaus erzählenswert zum Schwingen brachte. Kein Zweifel, Flaubert ist darin ein Meister, der sich graziös und doch schlicht, dem Menschlichen in vielen seiner Facetten zuwendete und dabei durchaus ein Gespür für das Wesentliche und Essentielle im Leben hat.
Nicht nur seine berühmte "Frau Bovary", sondern auch seine Felicitas in der Erzählung "Ein einfältig Herz", eine aus zerrissenen bäuerlichen Verhältnissen stammende Magd, die nach einer unglücklichen Liebschaft bei einer alleinstehenden Frau mit zwei kleinen Kindern, als Hausangestellte ihr bescheidenes, arbeitsreiches aber auch irgendwie erfülltes Leben fand, in dem sie ihrer Natur entsprechend, ihre Anhänglichkeit und Treue ausleben konnte. Flaubert beginnt die Geschichte mit den Worten, "Ein halbes Jahrhundert beneideten die Bürgerinnen von Pont-Lévêque Frau Aubain um ihre Magd Felicitas." Aus diesem einfachen Grundmuster hat Flaubert eine bezaubernde Erzählung gestaltet, die auch sehr fein und elegant Klassenuntetschiede akzentuiert.
Ohne unnötige Dramatik sind seine Protagonisten keine Ausnahmepersonen, sondern eher normale Bürger*innen. Die Tragik schimmert zwar immer wieder durch, aber Flaubert mischt sich nicht ein, nimmt nicht Partei und lässt dem Geschehen seinen natürlichen Lauf. Trotzdem gilt er als einer der besten Stilisten der französischen Literatur. Geboren 1821, also vor 200 Jahren, ermöglichte ihm das Erbe seines Vaters sich zurückzuziehen und ganz für das Schreiben zu leben. Zwar textete er schon seit seiner Jugend, aber sein erstes gedrucktes Werk "Madame Bovary" erschien erst 1856 im Feuilleton der Revue de Paris und wurde nach einer Anklage und einem Sittenskandal 1857 ein Verkaufsschlager.